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Sustainable Campus Café zu „Nachhaltigkeit und Digitalisierung“

Wo kann ich meine Idee für eine nachhaltige(re) Gestaltung des Hochschulalltags mit anderen besprechen und Verbündete finden, die mit mir gemeinsam an die Umsetzung gehen? Welche Ideen haben Kolleg*innen, Studierende und externe Expert*innen für kleine Veränderungen, die wir alle ausprobieren könnten, um das Campusleben zukunftsfähiger zu machen?

Für Austausch und Vernetzung zu diesen Anliegen zum Thema Nachhaltigkeit im Hochschulbereich bietet das Sustainable Campus Café seit dem Wintersemester 2023/24 ein offenes Format, in dem alle zusammenkommen können, die sich der Hochschulgemeinschaft von Ernst-Abbe-Hochschule Jena und Friedrich-Schiller-Universität Jena zugehörig fühlen: Studierende, Mitarbeitende aus Lehre, Forschung, Technik und Verwaltung sowie externe Akteure und zivilgesellschaftliche Organisationen.

Das Sustainable Campus Café wird organisiert im Rahmen von Nucleus Jena und findet einmal pro Semester statt. Inhaltlich geht es um das übergeordnete Thema Nachhaltigkeit, jedoch jedes Mal mit einem anderen Schwerpunkt. Das erste Café widmete sich am 22. November 2023 dem Thema „Nachhaltigkeit und Digitalisierung“ – beides gesamtgesellschaftliche Transformationsprozesse, bei denen Hochschulen eine wesentliche Rolle spielen, gleichzeitig aber auch selbst in der Umsetzung mit Herausforderungen konfrontiert sind.

Ziel der Café-Veranstaltung war es, gemeinsam zu überlegen, wie man im Hochschulalltag ins Tun kommen kann, um zum Gelingen der Nachhaltigkeitstransformation beizutragen (und hierfür die Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen), gleichzeitig aber auch sicherzustellen, dass der digitale Wandel an den Hochschulen auf sozial-ökologisch nachhaltige Weise geschieht.

Warum nicht die eigene Expertise zum Thema Nachhaltigkeit auch direkt vor Ort für Verbesserungen des eigenen Campus anwenden? Mit kleinen Projektideen, die durch ihren Laborcharakter ein Experimentieren und gemeinsames Ausprobieren ermöglichen, kann so im Kleinen erprobt werden, was möglicherweise auch im Großen funktionieren könnte.

Zum Thema „Nachhaltigkeit und Digitalisierung“ identifizierten die Teilnehmenden im November Herausforderungen für die Hochschulen und machten Vorschläge, wie diesen begegnet werden könnte. Einige wesentliche Punkte der Diskussion sind im Folgenden zusammengefasst.

Ressourcensparen: Wie können digitale Technologien beim Ressourcensparen helfen? In welchen Bereichen gibt es besonders große Einsparpotenziale durch die Nutzung digitaler Technologien?

  • digitale Prüfungsmöglichkeiten; weniger Papierhandouts
  • Reisen/Pendeln durch Videokonferenz und Homeoffice ersetzen
  • Einsparungen in der Verwaltung, u. a. durch digitales Dokumentenmanagement und Einsatz generativer KI
  • Automatisierung bei Heizung und stromverbrauchenden Anlagen
  • Desk-Sharing; Ressourcenpools für Büromöbel, Softwarelizenzen und technische Ausstattung; Weiternutzung von ausgesonderten Geräten

Nebeneffekte von Einsparungen: Was könnten unbeabsichtigte und unerwünschte Nebeneffekte solcher Einsparungen sein? Die bereits in der Nachhaltigkeitsidee angelegten Zielkonflikte und Spannungen wurden auch in der Diskussion um Open-Source-Software offenbar. Diese können je nach Perspektive als nachhaltig eingestuft werden oder eben genau nicht:

  • aus Sicht der Nutzenden: einerseits finanzielle Einsparungen und geringere Abhängigkeit von proprietären Softwareprodukten
  • andererseits entstehen neue Abhängigkeiten: Weiterentwicklung der Software muss auch ohne ökonomischen Anreiz erfolgen; Software könnte in Zukunft kommerzialisiert werden und Lock-in-Effekte würden dann ggf. eine Zahlung unumgänglich machen
  • zunehmende Digitalisierung der Lehre steht ggf. im Konflikt mit dem Wunsch der Ausweitung von Teilhabechancen, da vorausgesetzt wird, dass allen Studierenden ein digitales Endgerät zur Verfügung steht
  • zunehmende Digitalisierung der Verwaltung steht ggf. im Konflikt mit dem Erhalt von Arbeitsplätzen, wenn bisher manuell erfolgende Prozesse automatisiert werden

Grundsatzfragen: Neben solchen Überlegungen in Bezug auf die möglichen Konsequenzen künftiger Handlungen wurden auch Überlegungen geäußert, die einen Schritt zurücktraten: Was, wenn es gar nicht erst zu nachhaltigerem Handeln kommt? Oftmals führe allein das Wissen über Ressourcenverbräuche bestimmter Aktivitäten noch nicht zu verändertem, d. h. ressourcenschonenderem Tun.

  • Schere zwischen Wissen und Handeln müsste geschlossen werden; es setzt jedoch ein hohes Maß an Altruismus“ voraus, wenn neben reduzierten ökologischen Auswirkungen keine sonstigen unmittelbaren Vorteile dabei wahrnehmbar sind
  • Wie können auch andere motiviert werden, ihr Handeln zu ändern? Oft nur durch finanzielle Anreize, z.B. Bezahlmodelle für Ressourcennutzung
  • Dies braucht aber zunächst Daten, um Verbräuche überhaupt transparent machen zu können. Problem: Daten werden nicht erhoben oder nicht organisationsintern aufbereitet und geteilt, sodass sie von anderen Stellen genutzt werden können

Einbettung in Stadtkontext: Bezüglich größerer infrastruktureller Veränderungen wurde angemerkt, dass in Jena die Hochschulen nicht ohne die Stadt zu denken seien. So sei es bei der Entwicklung und Umsetzung ressourcenschonender Maßnahmen (insbesondere Veränderungen baulicher Art) oft notwendig und hilfreich, Politik und Zivilgesellschaft mit ins Boot zu holen. Dies würde mehr Handlungsoptionen eröffnen und sei für den umfassenden und langfristigen Wandel notwendig.

Good Practices und individuelles Engagement: Einig waren sich die Teilnehmenden abschließend, dass neben den wichtigen strategischen Stellschrauben, wie etwa Nachhaltigkeitsstrategie oder Digitalisierungsstrategie, die bereits an den Jenaer Hochschulen eingeführten positiven Beispiele (z.B. Laptopspende und -ausleihe, Umrüstung der Beleuchtung auf LEDs mit Bewegungsmelder) weiterverfolgt und ausgeweitet werden sollten. Zudem könne eine breitere Sensibilisierung für die Zusammenhänge von Nachhaltigkeit und Digitalisierung helfen, strategische, kostenintensive und großskalige Veränderungen durch einen Wandel auch des individuellen Tuns zu komplementieren.

Für die Ideensammlung und -strukturierung während des Sustainable Campus Cafés wurde ein Miro-Board genutzt, in dem die Diskussionspunkte der einzelnen Arbeitsgruppen und des Plenums festgehalten wurden. Diese Übersicht ist weiterhin einsehbar und kann bearbeitet werden (https://miro.com/app/board/uXjVNP36A1I=/).

Dokumentation in Kurs-Moodle

Zur Dokumentation der Veranstaltung wurde ein Kurs-Moodle-Raum (https://kurs.uni-jena.de/login/index.php) eingerichtet, der über die Präsenzveranstaltung hinaus als Plattform für weiteren Austausch, Vernetzung, Ideen- und Ressourcensammlung dient. Sie können hier u. a. mit anderen Interessierten in Kontakt treten, finden eine Ressourcensammlung zum Thema „Nachhaltigkeit & Digitalisierung“ und können via Forumsbeiträge zu bestimmten Themen untereinander Ideen austauschen.

Im Kurs-Raum finden Sie auch das Miro-Board, mit dem bei der Veranstaltung zur Ideensammlung und -strukturierung gearbeitet wurde. Dieses Board bleibt weiterhin bearbeitbar und wir würden uns freuen, wenn Sie hier Ihre Ideen hinzufügen.

Eine Beschreibung wie Sie sich in den Kurs-Raum gelangen finden Sie hier: https://www.biodidaktik.uni-jena.de/scc.

Wie geht es weiter?

In den kommenden vier Semestern wird jeweils ein weiteres Sustainable Campus Café stattfinden und sich dabei jedes Mal einem anderen Schwerpunktthema widmen. Das nächste Sustainable Campus Café im Frühjahr/Sommer 2024 wird das Thema „Nachhaltigkeit und Gesundheit“ vertiefen. Termin und Ort werden auf der Nucleus-Webseite unter „Veranstaltungen“ sowie auf verschiedenen anderen Wegen rechtzeitig bekannt gegeben. Wir freuen uns auf Ihre Ideen und Beteiligung!

Autorin: Dorothee Quade